Ursprünglich sollte das neue System MOBAST (Modulare Ballistische Schutz- und Trageausstattung Soldat) schrittweise bis 2031 eingeführt werden. Mit dem Sondervermögen wird nun die gesamte persönliche Ausrüstung für 2,4 Milliarden Euro früher modernisiert. Seit 2021 befindet sich MOBAST bereits im Zulauf und wurde natürlich zunächst an den schnell verlegbaren Einsatzverband bzw. die VJTF ausgeliefert.

“Die persönliche Schutzausrüstung liegt mir besonders am Herzen,
denn unsere Soldatinnen und Soldaten verdienen den besten Schutz bei Einsatz und Übung.”
Ehem. Bundesministerin der Verteidigung Christine Lambrecht (Quelle)

Wer bekommt die MOBAST?

Die Bundeswehr schreibt auf ihrer Website: alle Soldatinnen und Soldaten. Das schließt also perspektivisch auch uns als zukünftig beorderte Reservisten mit ein. Beorderte Reservistinnen und Reservisten werden in der Regel genauso ausgestattet wie die aktiven Soldatinnen und Soldaten, die sie spiegeln. Natürlich werden auch die Heimatschutzkompanien langfristig so ausgestattet. (Auf das “Wann” gehe ich weiter unten ein.) Fakt ist aber, dass die modulare Schutz- und Trageausstattung der neuesten Generation nicht nur Spezialkräften oder Verbänden im Einsatz vorbehalten ist, sondern die zukünftige “Standardausstattung” des deutschen Soldaten darstellt.

“Ein Unterschied wie Tag und Nacht.”
Stabsfeldwebel Dirk S., Fallschirmjäger (Quelle)

Molle statt Lochkoppel

Was direkt auffällt: Keine Lochkoppel mehr, sondern Chest Rig und Molle (Modular Lightweight Load-carrying Equipment). Viele Elemente erinnern zudem stark an zivil erprobte und bewährte Ausrüstungsgegenstände. – Aber mach dir nun keine großen Hoffnungen. MOBAST-Übersicht als PDF.

Die Flexibilität und Individualität, welche in der Vergangenheit, so schien es mir zumindest, unerwünscht war, trifft nun auf eine neue Realität und zieht sich wie ein roter Faden durch das Konzept. Flexibel einstellbar, individuell anpassbar und erweiterbar – viele Möglichkeiten, die in der Vergangenheit nur in den Graustufen möglich waren und vom Dienstherrn unerwünscht. Seit es Lochkoppeln gibt, wurden diese verflucht und zahlreiche Artikel (in Foren und Fachzeitschriften) haben sich an ihr abgearbeitet. Man darf nicht vergessen: sie war nicht nur unbeliebt, sondern auch einfach, insbesondere in der “niedrigsten Gangart”, schlichtweg unpraktisch.

Vom lang ersehnten Chest Rig und dem flexiblen Molle-System bis zur Sturmhaube.

Durchdachte und funktionale Ausrüstung

Viele der Kleidungsstücke kommen mir bereits aus dem zivilen Umfeld bekannt vor und erinnern mich sehr stark an den Hersteller Carinthia, der auch in der Vergangenheit beispielsweise Jacken und Schlafsäcke der Bundeswehr hergestellt hat. (Ich habe privat sehr gute Erfahrungen mit der Qualität und Langlebigkeit dieser Marke gemacht.) Ebenfalls aus dem zivilen Umfeld kenne ich das Zwiebelprinzip, dem man sich auch hier bedient und so flexibel je nach Situation entsprechend eine Schicht auftragen oder ablegen kann. Insbesondere bei kalten Temperaturen und hoher körperlicher Belastung kann so vorgebeugt werden. Ein feuchter Rücken im Winter ist nicht nur unangenehm, sondern auch schlecht für die Gesundheit.

Toll finde ich übrigens auch, dass direkt in die Kleidung Einschubplätze für Protektoren (Knie und Ellenbogen), Lüftungsschlitze und große Taschen eingelassen wurden. So etwas sieht man für gewöhnlich nur bei durchdachten Systemen von Qualitätsmarken wie UF PRO. (Bei den Protektoren muss man allerdings sagen, dass da die genannte Marke noch eine Schippe drauflegt und verschiedene Varianten anbietet. Dennoch.)

Man erfährt in der Vorstellung der Ausrüstung nichts über die Materialzusammensetzung. Klassischerweise verwendet man als Unterbekleidung im Outdoorbereich Merino-Wolle. Wichtig ist, und das sei wohl gegeben, dass das Material atmungsaktiv ist. (Meiner Erfahrung nach wäre reine Baumwolle besonders schlecht, ein Mischgewebe mit Polyester-Baumwoll-Anteilen besser, aber Merinowolle ist das ideale Material – und noch dazu selbstreinigend.)

Auch neu: Rucksack und Gefechtshelm

Neben der oben aufgeführten Ausrüstung stellt die Bundeswehr auch ein neues modulares Rucksacksystem vor, das mich an Tasmanian Tiger und Co erinnert. Sieht sehr stark nach den zivilen Systemen aus, welche man auch für Bushcraft/ Survival, Trekking etc. nutzt. Auch hier wird Molle eingesetzt, das ein einfaches, flexibles und individuelles Erweitern der Ausrüstung ermöglicht. So können beispielsweise ein – oder besser zwo – Tourniquets an der Weste und zusätzliche Taschen am Rucksack befestigt werden.

Interessant ist auch die Unterziehschutzweste, welche das gleiche Schutzniveau bietet, jedoch verdeckt getragen werden kann. Zusätzlich zu den dargestellten Elementen können zudem modulare Splitterschutzelemente (für Hals und Schulter, Tiefschutz oder Oberarm und Oberschenkelschutz) hinzugefügt werden. Die Transporttasche mit Rollen und ausziehbarem Handgriff ist ebenfalls auffällig, denn man sieht auch hier, dass einfach praxisnah mitgedacht wurde.  Ebenfalls auf dem aktuellen Stand ist der “Gefechtshelm Streitkräfte”, der mit Befestigungsstellen für Nachtsichtgeräte und andere zusätzliche Ausrüstungselemente ausgestattet wurde.

“Diese Modularität kommt den Bedürfnissen der Soldaten sehr entgegen.
Das steigert die Durchhaltefähigkeit enorm. Ein deutlicher Sprung nach vorn.”
Oberstleutnant im Generalstabsdienst Sascha T. (
Quelle)

Wann bekomme ich meine MOBAST?

Vorab: Es ist unwahrscheinlich, dass du in den nächsten Jahren damit rumlaufen wirst… – Die MOBAST besteht aus rund 25 Artikeln und sollte ursprünglich bis 2031 ausgeliefert werden. Dank Sondervermögen früher. Einem Bericht von T. Wiegold (hier) bzw. der Pressemeldung (hier) nach, soll die Vollausstattung der Truppe bis 2025 erreicht werden. Warum man so etwas wie Rucksäcke, also quasi Standardartikel, nicht sofort liefern kann, sondern es Monate oder gar Jahre dauert, liegt, so Generalinspekteur Eberhard Zorn (via Twitter am 8. Juni 2022) an der Komplexität. “Weder Stoffe noch Schutzplatten finden Sie im Regal”, so Zorn. Ja… wann denn nun? – Wenn man Gerüchten Glauben schenken kann, dann sollen auch Heimatschutzkompanien bis 2025 ausgestattet werden. Andere mit denen ich gesprochen habe wiederum bezweifeln dies sehr stark, da die HSchKp allgemein (beispielsweise im Bezug auf eigene Handwaffen, Fahrzeuge und Gebäude) schlecht ausgestattet sind. Dem halten wiederum andere Kameraden entgegen, dass die Heimatschutzkräfte aktiv Dienst leisten, sei es bei Katastrophen oder beim Objektschutz, und beordert sind. – Kurzum, die befragten Kameraden sind gespaltener Meinung und die Aussagen der Bundeswehr in Kombination mit den persönlichen Erfahrungen eines jeden Einzelnen führen eben dazu, dass man keine verbindliche Prognose abgeben kann. Definitiv wird es eine gewisse Priorisierung bzw. Reihenfolge bei der Ausstattung geben. Ich werde berichten, sobald ich mehr erfahre. – Hier noch das offizielle Vorstellungsvideo der MOBAST und ein Zitat eines Kameraden, das ein bisschen Mut macht:

Es wird immer wieder davon geredet, dass es ohne die Reserve bei der Bundeswehr nicht wirklich weiter geht! Also werden die uns bestimmt nicht hängen lassen. – Aber erst einmal die Aktiven!

Status Quo

Wie es 2023 aussieht kannst du im Artikel “Einkleidung” nachlesen. Außerdem hat Blog-Leser Hugo, einen Erfahrungsbericht verfasst:
Etwa 5 Monate nach dem Einstellungstest bekam ich (und scheinbar auch alle anderen die für die Ausbildung genommen wurden) eine E-Mail mit der Aufforderung, selbständig einen Termin bei einem Betriebsarzt, der mit der BW zusammenarbeitet, zu machen. Man bekommt eine Liste von Ärzten aus ganz Deutschland, da sucht man sich den aus, zu dem man den kürzesten Weg hat. Die Untersuchung dauert rund 10 Minuten (Lärmschutzbelastung). Das Ergebnis schickt man dann dem zuständigen LdKo zu und bekommt ein paar Tage später Post. Hier ist dann ein Aufkleber drin, den müsst ihr gut aufbewahren bis zur Ausbildung, denn er kommt schließlich ins Schießbuch rein. Alle 5 Jahre muss die Untersuchung übrigens erneuert werden. Nach dem Arztbesuch soll man dann selbständig einen Termin zur Einkleidung bei der Kleiderkammer machen. Auch hier bekommt man eine Liste mit Vorschlägen. Das Einkleiden dauert etwa 2 Stunden.
3 Hosen Flecktarn, 3 Blusen Flecktarn, 10 paar Strümpfe, 2 Feldjacken, 2 paar Kampfstiefel, 10 U – Hemden, Gefechtshelm mit Überzug, Feldmütze Sommer / Winter, Strickmütze olive, Koppeltragegestell mit Mehrzwecktasche, Feldflasche, Klappspaten, Magazintaschen (gibt es bei der Grundausbildung in der Unteroffiziersschule der Luftwaffe in Appen), Halbe Dackelgarage*, Esbitkocher, Schiessbrille ( klar, gelb, getönt ), Seelachs Einsatztasche, Sportanzug lang, Sportanzug kurz, Hallen Turnschuhe, Turnschuhe Gelände, Badehose, 2 x Beutel für dreckige Wäsche, 1 paar Badelatschen, Dienstanzug (Jacke und Hose + Mantel), Dienst Hemd 2 x lang 2 x kurz, Krawatte, Barett, Nässeschutzgamaschen, Nässeschutzbekleidung Jacke und Hose, Essbesteck, Kochgeschirr, Isomatte, Schlafsack, ABC Maske (soll es in Appen geben weil die angepaßt werden muß), Brillenträger bekommen später noch die richtigen Gläser, Taschenmesser, paar Handschuhe…
* Die halbe Dackelgarage ist eine Zeltbahn, hat man zwo, dann wird daraus ein Zelt. (Erklärung hier auf YouTube).
Die ABC-Schutzmaske inkl. Filter bekommt man bei der Ausbildung, denn sie muss extra angepasst werden. Brillenträger bekommen extra Gläser, allerdings erst nach der Ausbildung, nämlich in ihrer Heimatschutzkompanie. Esbit-Tabletten, Gehörschutz, Schuhputzcreme und Tarnschminke bekommt man auch erst bei der Ausbildung vor Ort.


👋 Vielen Dank, Hugo, für deine Erfahrungen und die Bilder! – Habt ihr noch etwas hinzuzufügen? Dann schreibt es unten in die Kommentare.

Blick in Hugos privaten Spind.

Titelbild
© Bundeswehr / Eigene Montage
Grafiken / Fotos
© Eigene Montage, privat

Daniel absolvierte die Ausbildung für Ungediente 2023 in Rheinland-Pfalz und ist seitdem in einer Heimatschutzkompanie beordert. Er arbeitet als Reservistendienstleistender in einer Projektgruppe des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr und engagiert sich als einer von zwei Beauftragten der Landesgruppe Baden-Württemberg des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr für die Ausbildung Ungediente. Daniel ist verheiratet und Vater von drei Töchtern.

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