Am 10.10.2024 wurde das neue Imagevideo des Reservistenverbandes veröffentlicht. Ich persönlich finde es gelungen – und meine, zugegeben nicht gerade hohen, Erwartungen wurden übertroffen. Allerdings gibt es durchaus auch berechtigte Kritik von Interessierten und Kameraden: Repräsentiert das Video wirklich den Reservistenverband oder eher das was er gerne wäre? Nun, vielleicht ist es ja eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Faktisch ist der Reservistenverband viel vielseitiger als ein kurzes Imagevideo es darstellen könnte. Das Video zeigt eine Ausbildung im Grünen, eine Art Biwak, nur ohne Waffen. Das hat natürlich seine Gründe und auch Blueguns (Waffenattrappen) hätten es vermutlich nicht besser gemacht. Doch gehört zum „Grünen“ auch irgendwie das G36 dazu – denn ansonsten ist das gezeigte doch sehr variabel. Wie ein User aus der Ungedient-Community schreibt hätte das Video, wenn man die Uniformen tauschen würde, ebenso gut von THW oder Feuerwehr sein können. Hat die Agentur den Kunden verstanden – oder macht sie eben das was sie gut kann? Zurück zur Frage: Warum wurden keine Waffen gezeigt? Manche meinen, dass man vielleicht niemanden erschrecken wollte, doch ich denke nicht, dass das der Grund dafür ist. Vielmehr ist es so, dass hier die Trennung zwischen der beorderten und der unbeorderten Reserve deutlich sichtbarer wird als man es oftmals möchte: ohne Bundeswehr gibt’s eben keine Waffen. Als das Imagevideo auf YouTube veröffentlicht wurde erreichte es innerhalb von 10 Stunden nur 7.500 Aufrufe und weniger als 120 Daumen nach oben. Ich hoffe, dass der Verband noch mehr Reichweite für sein Geld bekommt.

Warum bist du Teil der Reserve oder möchtest es gerne werden?

Quelle: Meinungsbild innerhalb
der Ungedient.de-Community.

Es folgt eine persönliche Interpretation des Imagevideos. Das Video beginnt mit 16 Kameradinnen und Kameraden, welche aus einem Nadelwald auf eine Lichtung heraustreten. Im Hintergrund hört man ein urtümliches Schlachthorn, wie man es von Gondor aus Herr der Ringe kennt. Durch die leichte Verlangsamung wird der Augenblick noch ein wenig epischer. Die Protagonisten geben ein recht diverses Bild ab: ein Querschnitt durch die Gesellschaft. Würde meine Reservistenkameradschaft aus dem Wald treten, dann würde das allerdings etwas anders aussehen… Aber gut. Es folgen Portraitaufnahmen, welche die Vielfalt und Aufgeschlossenheit des VdRBw vermitteln sollen. Naja und eben transportieren, dass der Verband Charakter hat. Dann wird die Frage gestellt, welche der Clip beantworten möchte: „Warum du Teil der Reserve werden solltest?“ In dieser Frage steckt bereits viel Interpretationspotential: erstens wird der Zuschauer direkt mit einem kameradschaftlichen „Du“ angesprochen, das war eine bewusste Entscheidung der Regie, um dynamisch, aufgeschlossen und persönlicher zu sein. Zweitens „Teil von etwas sein“ zahlt in das Gefühl von Identität und Wertschätzung ein – das gibt Sympathiepunkte. Drittens „der Reserve“ – man beansprucht den Begriff „Reserve“ für sich – das ist selbstbewusst, etwas unscharf, aber nicht falsch. (Dies kommt auch nochmal zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich ganz am Schluss bei der neuen Logoanimation.) Dann folgen die „Argumente“, warum man nun Teil der Reserve werden möchte bzw. sollte.

Weil du gerne Gruppenreisen unternimmst.
Machen wir uns ehrlich: mit dem Wolf, dem Geländewagen, mit Y-Kennzeichen verlegen wir doch im Rahmen der Reservistenkameradschaft eher selten. Selbst im Heimatschutz sind grüne Fahrzeuge eine kleine Besonderheit. Dazu kommt, dass es sich um ein dienstliches Fahrzeug handelt… also irgendwie seltsam. Mich spricht das Argument überhaupt nicht an, weil ich bei Gruppenreisen an Kaffeefahrten denken muss. Aber man kann es auch einfach so deuten, dass man eben gemeinsam etwas unternimmt.

Weil du gerne strammstehst.
Echt? Gibt es jemanden der das wirklich richtig gerne macht?

Weil du Herausforderungen liebst.
Da gehe ich mit. Herausforderungen sind immer gut, solange es keine Probleme sind. Andererseits klingt es aber auch nach Abenteuerspielchen im Wald…

Weil du Perspektivwechsel brauchst.
Ebenfalls ein starkes Argument für mich, wenn auch in einem anderen Kontext: bei Vorträgen zu Afghanistan, über die Flugabwehr mit Gepard oder durch sicherheitspolitischen Vorträgen des Verbandes habe ich meinen Horizont erweitert und neue Perspektiven kennengelernt. Ja, selbst bei Stammtischgesprächen finde ich diesen Aspekt einen echten Mehrwert.

Weil du gerne mal abtauchst.
Ich denke da ist dem Werbetexter einfach nichts besseres eingefallen. Aber um fair zu sein: auch das ist tatsächlich ein Mehrwert. Sich mit den Kameraden mal aus dem gewohnten Umfeld auszuklinken und das Wochenende im Wald zu verbringen tut der Seele gut. Digital detox!

Weil du Kameradschaft liebst.
Klar. Wer würde das verneinen. Aber die wenigsten „außerhalb“ können mit diesem Begriff wirklich etwas anfangen.

Weil du Freundschaften fürs Leben schließt.
Wer möchte das nicht? Ein gutes Argument, gilt aber für jeden Verein.

Weil du gern früh aufstehst.
Echt jetzt?

Weil es viel zu verteidigen gibt.
Insbesondere durch die eingeblendeten Bilder und das Geräusch eines lachenden Kindes natürlich ein leichtes Spiel für den Werbemenschen. Wer würde dieses Argument nicht zählen lassen?

Weil wir unsere Freiheit lieben. Alle Freiheiten.
Dieses letzte Argument soll vermutlich das stärkste sein und ist es sicherlich auch. „Demokratische Werte wertschätzen“ ist zu sperrig, aber darum geht es.

Weil wir die stärkste Friedensbewegung Deutschlands sind.
Das ist natürlich eine provokante These, welche ich persönlich vertrete, aber sicherlich auch Kritiker hervorbringen wird. So konnte man aber auch noch schön verarbeiten, dass Reservisten eben keine Kriegstreiber sind, im Gegenteil.

Der Werbeclip schließt mit dem Slogan „Bereit sein ist alles“ und erinnert mich an das Pfadfinder-Motto „Allzeit bereit“. Dann kommt noch das i-Tüpfelchen, der „Call to Action“: Werde Mitglied. Als Abbinder folgt eine Logoanimation, welche ebenfalls überarbeitet wurde und auch ein angepasstes VdRBw-Logo enthält. Offenbar hat auch dieses im Rahmen der Kampagne eine Überarbeitung erfahren. Der alte Slogan des VdRBw war „Wir sind die Reserve“, dies wird nun reduziert auf „Die Reserve“. Dadurch entfällt das „wir“, aber das finde ich nun nicht weiter tragisch. Geschickt finde ich an der Animation, dass man zunächst einen Schild wahrnimmt und dieser sich dann zum Wappen füllt. Subtil vermittelt dies Schutz, aber ich möchte mir nicht anmaßen nun ins Tiefenpsychologische abzudriften.

Abschließend noch die Show Notes, also der Text unterhalb des YouTube-Videos:

Warum du Teil der Reserve werden solltest? Weil wir die stärkste Friedensbewegung Deutschlands sind.

Am 24. Februar 2022 begann Wladimir Putin seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Spätestens seitdem wissen wir, dass Frieden keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Für eine wirkungsvolle Abschreckung braucht Deutschland eine starke Reserve. Der Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e. V. stärkt mit 110.000 Mitgliedern und Veranstaltungen aus den Bereichen der Militärischen Ausbildung, Sicherheitspolitik und Öffentlichkeitsarbeit in ganz Deutschland die Wehrhaftigkeit unsere Landes. Du möchtest unsere Freiheit schützen? Du möchtest gern Verantwortung für die Demokratie und Sicherheit in Deutschland übernehmen? Du möchtest Kameradschaft erleben? Du möchtest dich weiterbilden und bist offen für Neues? Du hast bei der Bundeswehr gedient oder hast Interesse, deine Kenntnisse über die Bundeswehr und militärische Zusammenhänge zu erweitern? Du hast Lust, dich zusammen mit einem starken Team für unser Land zu engagieren und dein Wissen einzubringen? Dann werde Mitglied in unserem Verband. Denn bereit sein ist alles!

Es besteht kein Zweifel: Die Bundeswehr ist auf eine starke Reserve angewiesen, um ihre zahlreichen Aufgaben effektiv zu erfüllen. Eine gut aufgestellte Reserve braucht wiederum einen starken Reservistenverband, der sie unterstützt und in der Öffentlichkeit vertritt. Der Verteidigungsausschuss des Bundestages sieht dies ebenfalls so und hat einmalig zusätzliche Mittel bewilligt, um eine umfassende Imagekampagne zu starten. Ziel war es, den Reservistenverband in einem sich wandelnden Umfeld neu zu positionieren und das Bewusstsein für die Bedeutung der Reserve in der Gesellschaft zu schärfen.

Die Kampagne fällt auch in eine Zeit, in der sich der VdRBw für die hohen Zuschüsse aus Steuermitteln rechtfertigen muss.

Mit dem Motto „Bereit sein ist alles“ hat der Reservistenverband eine Kampagne ins Leben gerufen, die die Reservisten in den Mittelpunkt stellt. Es ging darum, Menschen zu zeigen, die bereit sind, sich für unser Land einzusetzen. Ein entscheidender Bestandteil der Kampagne war der Aufruf im Vorfeld an Reservistinnen und Reservisten, sich vor der Kamera zu engagieren. Gesucht wurden Persönlichkeiten, die sich für Film- und Fotoproduktionen zur Verfügung stellen wollten. Dabei stand nicht die Kameraerfahrung im Vordergrund, sondern die individuelle Einstellung und Bereitschaft, ein Gesicht der Reserve zu werden.

Die Resonanz war offenbar riesig: hunderte Reservisten meldeten sich und wollten das authentische Bild der Reserve in die Öffentlichkeit tragen. Das Shooting fand zwischen dem 2. und 15. September statt (im Norden und Süden Deutschlands). Die Teilnahme an der Kampagne war ehrenamtlich, doch wurde dafür gesorgt, dass den Protagonisten keine Kosten entstanden: Anreise, Verpflegung und Unterkunft wurden vollständig vom Verband übernommen.

Das Herzstück der Kampagne ist ein Imagefilm, der unter anderem auf diversen Video-Streaming-Plattformen zu sehen sein wird.

Für die Teilnehmer bedeutete dies: Ihre Gesichter sind nun in ganz Deutschland präsent. Als bundesweite Botschafter der Reserve tragen sie dazu bei, das Bild der Bundeswehr und ihrer Reserve in der Öffentlichkeit zu prägen. Dank der Mittelbewilligung durch den Verteidigungsausschuss und der Zusammenarbeit mit einer renommierten Agentur aus Berlin konnte der Reservistenverband eine Imagekampagne realisieren, die die Bedeutung der Reserve in den Fokus rückt – das sieht zumindest der Präsident des Reservistenverbandes, Oberst d.R. Prof Dr. Patrick Sensburg so:

„Quantensprung in der Öffentlichkeitsarbeit. Das ist das Beste, was der Verband seit langer Zeit gemacht hat.“

Was zuvor geschah…

Imagefilm von Julian Otten (2023)

Titelbild
© Verband der Reservisten der Deutschen Bundes­wehr e. V. / glow

Daniel absolvierte die Ausbildung für Ungediente 2023 in Rheinland-Pfalz und ist seitdem in einer Heimatschutzkompanie beordert. Er arbeitet als Reservistendienstleistender in einer Projektgruppe des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr und engagiert sich als einer von zwei Beauftragten der Landesgruppe Baden-Württemberg des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr für die Ausbildung Ungediente. Daniel ist verheiratet und Vater von drei Töchtern.

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