Buttjer Freimann, ehemaliger Bundeswehrsoldat und erfahrener Pionier, schloss sich nach der russischen Invasion 2022 der Legion in der Ukraine an, wo er als Combat Engineer an wichtigen Frontabschnitten diente. In seinem X-Account gewährt er anonym Einblicke in seine Erlebnisse, militärische Expertise und persönliche Eindrücke. Ohne Namen, Orte oder genaue Daten zu verraten, bleibt er seinem Prinzip treu, die Privatsphäre seiner Kameraden und sich selbst zu schützen.
Überleben im Staub und Schweiß
Wer draußen im Feld ist, der weiß: Hygiene ist hier mehr als nur Selbstpflege – sie sichert die Gesundheit und stärkt die Moral. Doch mit einem Backpack voller Munition, wenig Wasser und langen Tagen ohne Pause ist Feldhygiene eine Herausforderung. Heute werfen wir einen Blick darauf, wie Soldaten in der Ukraine unter Einsatzbedingungen, im Verfügungsraum („Bereitstellungsbereich“) und im rückwärtigen Raum („Versorgungsbereich“) improvisieren und was sie unter extremen Bedingungen benötigen.
Hygiene im Einsatz: Minimalismus
Im Einsatz stehen Gewicht und Volumen der Ausrüstung im Vordergrund, und für Seife oder Waschlappen bleibt wenig Platz. Wasser ist oft so knapp bemessen, dass jeder Tropfen nur zum Trinken eingeplant wird. Feuchttücher werden hier zur Geheimwaffe – leicht, platzsparend und praktisch. Ein „4-Point-Swipe“ (Gesicht, Achseln, Intimbereich und Gesäß) reicht für die nötigste Körperpflege. Mundhygiene folgt dem gleichen Prinzip: kleine Hotelkits und Zahnseide, und für den Atem ein paar Xylit-Kaugummis.
Das „Shitkit“
Für die „großen Geschäfte“ kommt das sogenannte Shitkit ins Spiel: ein wasserdichter Beutel mit Toilettenpapier und Handdesinfektionsmittel. Für alles gilt die Regel, sparsam zu sein und jede Chance zur Hygiene zu nutzen, wenn sie sich bietet. Handschuhe schützen zusätzlich vor Dreck, und kurze Haare vereinfachen die Pflege enorm.
Duschen und Waschmaschinen?
Im Verfügungsraum, wenn die Einheiten z.B. im Wald eine Pause einlegen, sieht die Situation schon etwas besser aus. Hier können improvisierte Latrinen gebaut werden, und ein Kanister mit Wasserhahn erleichtert das Zähneputzen und Händewaschen. Eine Dusche wird aus Paletten und Planen gebaut, und zwar ohne Warmwasser. Hier sind Waschlappen und improvisierte Waschtechniken das A und O.
Selbst die Kleidungspflege kann im Verfügungsraum angegangen werden: eine Schüssel mit Wasser und dem, was als Waschmittel zur Hand ist, reicht für eine grundsätzliche Reinigung der Kleidung. Aus Hygienegründen tauschen Soldaten ihre Kleidung so oft wie möglich, auch wenn das oft erst im rückwärtigen Raum möglich ist.
Der Luxus des rückwärtigen Raums
Im rückwärtigen Raum schwankt die Qualität der Sanitäreinrichtungen mit der Unterkunft. Manchmal hat die Einheit Glück und findet einen festen Wasserhahn oder sogar eine Badewanne. Duschen sind rar, und so kommt es vor, dass drei bis vier Soldaten hintereinander dasselbe Badewasser nutzen – kameradschaftlich. In alten Fabrikhallen und engen Unterkünften hingegen bleibt Hygiene oft auf der Strecke, und Krankheiten wie Erkältungen breiten sich rasch aus.
In der ländlichen Umgebung fehlt es oft ganz an fließendem Wasser. Ein Brunnen dient für die Katzenwäsche, und bei niedrigen Temperaturen waschen sich Soldaten gegenseitig mit Eimern ab – eine Notwendigkeit, die insbesondere die Skandinavier und Balten in der Truppe stoisch meistern.
Versorgung mit Hygieneartikeln – Ein unterschätztes Thema
Die meisten Armeen überlassen es den Soldaten selbst, Hygieneartikel mitzubringen. Doch auf längeren Einsätzen abseits der Zivilisation wird das zur Herausforderung. Hier greifen die Versorger oft auf Handgeld zurück, um das Nötigste in der nächsten Stadt zu besorgen, oder sie hoffen auf Sachspenden – manchmal mit olfaktorischen Nebenwirkungen, wie etwa einer Palette italienischer Alt-Herren-Deos, das monatelang alle gleich riechen ließ.
Improvisation und Kameradschaft
Feldhygiene ist eine Gratwanderung zwischen der praktischen Notwendigkeit und dem, was möglich ist. Feuchttücher, kleine Zahnpflegesets und wasserdichte Beutel gehören zur Grundausstattung. Egal ob auf dem Feld, im Verfügungsraum oder im rückwärtigen Raum, die wichtigste Hygiene-Regel lautet: anpassen, improvisieren und durchhalten. In schwierigen Bedingungen zeigt sich, dass Hygiene nicht nur eine Frage der Gewohnheit ist, sondern ein Zeichen der Selbstfürsorge, das für die Gesundheit des Einzelnen und der Truppe unverzichtbar bleibt.
Kameradschaft und eine Prise Humor helfen mit den Bedingungen klarzukommen – und am Ende wissen alle, dass solche Erfahrungen den Zusammenhalt nur noch mehr stärken.