In den letzten Jahren hat die Bedeutung des Ersthelfers im Rahmen der Selbst- und Kameradenhilfe deutlich zugenommen. Es wurde erkannt, dass der Zeitpunkt, zu dem die Behandlung einsetzt, einen entscheidenden Einfluss auf das Überleben und den weiteren Verlauf der Erkrankung oder Verletzung hat.

Beitrag / Grafik von Daniela K.
Dani macht 2024 die Ausbildung in Baden-Württemberg.

In Krisen- und Kriegsgebieten herrschen ungünstige Umgebungsbedingungen bezüglich der Infrastruktur, Telekommunikation und Sicherheitslage, was sich negativ auf die medizinische Versorgung von Patienten auswirkt. Aus diesem Grund ist es von höchster Bedeutung, ein vollständiges sanitätsdienstliches Versorgungssystem vor Ort zu etablieren, das sowohl personelle als auch materielle Ressourcen in alle Elemente der Rettungskette einschließt. Innerhalb der NATO sind die verschiedenen Versorgungsstufen in vier Ebenen (bekannt als „echelons of care“ oder ROLE 1-4) unterteilt.

Ebene 1 »ROLE 1«

Die erste Stufe der medizinischen Versorgung findet innerhalb der militärischen Einheit statt und umfasst die grundlegende und notfallmedizinische Erstversorgung. Diese Versorgung wird von verschiedenen medizinisch geschulten Fachkräften, sowohl Sanitätspersonal als auch Nichtsanitätspersonal, durchgeführt, die jeweils unterschiedliches medizinisches Material verwenden. Diese Elemente können sowohl mobil als auch stationär eingesetzt werden, je nach den Anforderungen und Bedingungen vor Ort.

Ebene 2 »ROLE 2«

Die Einrichtungen der Ebene 2 werden in einem sicheren militärischen Bereich wie einem Camp, einer Einsatzbasis oder einem PRT (provincial reconstruction team) bereitgehalten. Alternativ können sie auch vor einer militärischen Operation land- oder luftbeweglich (LLRZ, LLRZ le) in eine FOB (Forward Operating Base) verlegt werden. Sie verfügt über eine Erstversorgungsmöglichkeit im Sinne einer „damage control surgery“. Die Ausstattung umfasst eine Notaufnahme mit Schockräumen, Operationssäle, Intensivbehandlungsplätze mit Beatmungsmöglichkeiten, Bettenstation, Röntgen, Labor, Apotheke sowie ein begrenztes Kontingent an Blut- und Gerinnungsprodukten. Das Schockraummanagement spielt eine entscheidende Rolle, und es sind immer mindestens ein chirurgisches und ein anästhesiologisches Team mit Fachärzten und Assistenzpersonal vor Ort. Aufgrund logistischer Überlegungen ist eine schnelle Weiterverlegung der Patienten erforderlich, um die Aufnahmefähigkeit dieser Einheit aufrechtzuerhalten. Die Erreichbarkeit erfolgt sowohl über Landwege als auch meistens per Hubschrauber.

Ebene 3 »ROLE 3«

Die Einsatzlazarette bilden die 3. Versorgungsebene im NATO-Standard. Ihre Leistungsfähigkeit kann je nach Einsatz variieren, wobei einige Fachbereiche das Niveau einer Universitätsklinik erreichen, während andere möglicherweise nicht vertreten sind. Im Vergleich zur Ebene 2 umfassen sie neben Anästhesie und Chirurgie auch weitere Fachdisziplinen wie Neurochirurgie, Radiologie, Augenheilkunde, Urologie, Innere Medizin, HNO, Dermatologie und Labormedizin. Sie verfügen über erweiterte diagnostische Möglichkeiten wie CT und eine größere Infrastruktur mit erhöhten Kapazitäten in der Intensivmedizin und Chirurgie. Die Ebene 3 wird oft im Rahmen des entlastenden Verwundetentransports von der Ebene 2 oder direkt von der Ebene 1 angeflogen, insbesondere bei schweren Schädelverletzungen (»traumatic brain injury« – TBI). Die Entscheidung über das geeignete Rettungsmittel und die aufnehmende Versorgungseinrichtung wird von der PECC (»patient evacuation coordination cell«, Rettungsleitstelle) getroffen.

Ebene 4 »ROLE 4«

Die definitive operative Versorgung und Weiterbehandlung der Patienten sowie die Rehabilitation erfolgen in den Fachabteilungen deutscher Bundeswehrkrankenhäuser. Bei Bedarf werden auch zivile Krankenhäuser mit Schwerpunkt- und Maximalversorgung genutzt. Das Bindeglied, welches die Kontinuität im Gesamtsystem der sanitätsdienstlichen Versorgung sicherstellt, ist der qualifizierte Verwundetentransport. Er gewährleistet den reibungslosen Transport sowohl vom Ort der Verwundung als auch zwischen den Behandlungseinrichtungen. Das Ziel ist es, jeden Verwundeten zu jeder Tageszeit, bei jedem Wetter und aus jeder Region evakuieren zu können.

Danielas Sanitätsserie
Dieser Artikel ist Teil einer Beitragsserie #medic. Vielleicht interessieren dich auch die Artikel über den Ersthelfer in der Rettungskette oder den Transport von Verwundeten.

Titelbild
© selbst / Midjourney
Grafik (Roles)
© Daniela K.

Daniel absolvierte die Ausbildung für Ungediente 2023 in Rheinland-Pfalz und ist seitdem in einer Heimatschutzkompanie beordert. Er arbeitet als Reservistendienstleistender in einer Projektgruppe des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr und engagiert sich als einer von zwei Beauftragten der Landesgruppe Baden-Württemberg des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr für die Ausbildung Ungediente. Daniel ist verheiratet und Vater von drei Töchtern.

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