Buttjer Freimann

Buttjer Freimann, ehemaliger Bundeswehrsoldat und erfahrener Pionier, schloss sich nach der russischen Invasion 2022 der Legion in der Ukraine an, wo er als Combat Engineer an wichtigen Frontabschnitten diente. In seinem X-Account gewährt er anonym Einblicke in seine Erlebnisse, militärische Expertise und persönliche Eindrücke. Ohne Namen, Orte oder genaue Daten zu verraten, bleibt er seinem Prinzip treu, die Privatsphäre seiner Kameraden und sich selbst zu schützen.

Verwundungen

In Kriegen, wie dem in der Ukraine, spielt die körperliche Unversehrtheit der Soldaten natürlich eine zentrale Rolle. Verwundungen auf dem Schlachtfeld sind alltäglich, und sie resultieren nicht nur aus direkten Kampfhandlungen, sondern auch aus vielen indirekten und unerwarteten Gefahren. Dieser Beitrag, basierend auf dem X-Thread von Buttjer Freimann, gibt Einblick in einige der häufigsten Verwundungen.

Autounfälle

Ein überraschend häufiger Grund für Verletzungen im Einsatz sind Autounfälle. Bei der Exfiltration aus Kampfgebieten müssen sich Soldaten oft auf unwegsamen, beschädigten Straßen und unter großem Feinddruck fortbewegen. Der Druck, schnell zu fahren, um etwa die Trefferwahrscheinlichkeit von FPV-Drohnen („Kamikazedrohnen“) zu minimieren, führt regelmäßig zu Unfällen. Dabei geht es nicht um schlechte Fahrkünste, sondern um die extremen Bedingungen: Krater, Wracks und fehlende Infrastruktur erhöhen das Unfallrisiko enorm. Ein Beispiel: Ein Soldat brach sich beim Aufprall eines Pickups mehrere Wirbel, als er von der Ladefläche geschleudert wurde. Diese Unfälle sind ein häufig unterschätztes Risiko, das in westlichen Übungen kaum thematisiert wird.

Minen und Remote-Mining

Minen sind seit jeher eine der gefährlichsten Bedrohungen für Soldaten. Ein Kamerad trat bei der Rückkehr von einer Mission auf eine PFM-1-Mine, die von einer Drohne während seiner Abwesenheit abgelegt worden war. Diese „Remote-Mining“-Taktik macht Minenfelder unberechenbar und zwingt Soldaten, jedes Mal, wenn sie denselben Weg zurücklegen, den Boden neu zu überprüfen. Die ständige Bedrohung durch Minen erfordert nicht nur technisches Know-how, sondern auch Disziplin und Geduld. Das Aufsuchen sicherer Routen wird durch moderne Taktiken wie Drohnen-Minenverlegungen immer schwieriger.

PFM-1 / Abwurfbox

Splitterverletzungen

Ein häufiges, aber vermeidbares Problem sind Splitterverletzungen durch Bombardierungen. Besonders Drohnen, die während des Entladens von Fahrzeugen zuschlagen, stellen eine ernsthafte Gefahr dar. Ein Kamerad erlitt eine Splitterverletzung im Oberschenkel, weil er keinen Unterleibsschutz trug. Dieser Schutz, umgangssprachlich „Dickflapp“ genannt, wird oft aus ästhetischen Gründen weggelassen, obwohl er bei Schrapnellen lebensrettend sein kann. Splitter bewegen sich mit unglaublicher Geschwindigkeit – viel schneller als ein Mensch reagieren könnte. Daher ist der Verzicht auf diese Schutzvorrichtungen schlicht fahrlässig, zumal moderne Unterleibspaneele nur 300-400 Gramm wiegen und keinen nennenswerten Nachteil darstellen.

Napalm und Brandwaffen

Obwohl Brandwaffen wie Napalm offiziell geächtet sind, werden sie in improvisierter Form immer noch eingesetzt. Russische Drohnenteams werfen selbstgebaute Napalm-Bomben auf feindliche Stellungen. Ein Kamerad erlitt schwere Verbrennungen am Oberkörper, als er von einer solchen Bombe getroffen wurde. In solchen Situationen ist schnelles Handeln gefragt – das Entfernen brennender Kleidung, insbesondere von Plattenträgern, erfordert dabei oft mehr Kraft und Technik als erwartet. Zusätzlich birgt die Munition, die am Körper getragen wird, ein erhebliches Risiko. Bei hohen Temperaturen kann sie explodieren, weshalb sie schnell entfernt werden muss. (Handgranaten und persönlichen Munition, die zwar oft nur platzt, aber trotzdem ein Risiko darstellt.)

Schützen, was möglich ist

In Konflikten wie dem Ukraine-Krieg ist die Verletzungsgefahr allgegenwärtig, und oft resultieren die Verwundungen aus Situationen, die in westlichen Trainingsszenarien nur selten simuliert werden. Es gilt, über die Ästhetik hinauszugehen und die Realität des Schlachtfelds anzunehmen: Schutzausrüstung, Disziplin und fundierte Kenntnisse sind die wichtigsten Waffen gegen die vielen, oft unerwarteten Gefahren. Diese „Lessons Identified“ sollten nicht ignoriert werden, denn sie können über Leben und Tod entscheiden.

Auf die realen Gefahren vorbereitet sein und sich nicht von einem falschen Sicherheitsgefühl täuschen zu lassen.

Info
Ich habe mich entschieden die X-Posts von Buttjer Freimann aufzubereiten und zu konservieren, denn sie bieten einen Praxis-Einblick, den ich sehr zu schätzen weiß. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es sich hierbei um seine persönliche Erfahrung und Ansicht handelt und er damit einverstanden war, dass ich sie hier mit euch teile.

Titelbild
© Montage, Foto von @ButtjerFreimann

Daniel absolvierte die Ausbildung für Ungediente 2023 in Rheinland-Pfalz und ist mittlerweile in der 5./HSchRgt 3 beordert. Er arbeitete als Reservistendienstleistender in einer Projektgruppe des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr und engagiert sich als einer von zwei Beauftragten der Landesgruppe Baden-Württemberg des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr für die Ausbildung Ungediente. Daniel ist verheiratet und Vater von drei Töchtern.

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