Dies ist mein Erfahrungsbericht über die Ausbildung für Ungediente in Rheinland-Pfalz. Ich habe Sie im Juli 2023 abgeschlossen und somit kann ich zum ersten Mal wirklich über meine Ausbildung zum Reservisten berichten. Dieser Beitrag ist, wie alles auf diesem Blog, meine persönliche Sicht der Dinge.
Modul 1
Mittwoch, 19. April 2023
Tag 01
Antreten | 15:00 Uhr |
Zapfenstreich | 23:30 Uhr |
Schlaf | 7:10 h (ausreichend) |
Schritte | 7.675 |
Stress | 76% |
Motivation | 9/10 |
Vor dem ersten Modul hatten sich bereits einige Kameraden zu einer virtuellen Lerngruppe zusammengefunden und wir beschlossen, uns vor Dienstbeginn zum gemeinsamen Mittagessen zu treffen. So trafen wir uns um 12 Uhr bei Svenjas Diner und ich bekam vor Aufregung kaum einen Bissen runter. Trotzdem war es schön, die Kameraden zum ersten Mal zu sehen und persönlich kennenzulernen.
Um 15:00 Uhr kamen wir im Lager Aulenbach (Baumholder) an und wurden in unsere Stuben eingeteilt. Wie ich später erfuhr, war die Gruppeneinteilung bewusst so vorgenommen worden, dass die Gruppen möglichst gut gemischt waren. So gab es jüngere und ältere Kameraden (zwischen 22 und 62 Jahren). Außerdem war in jeder Gruppe eine Kameradin, die allerdings in einem anderen Gebäude untergebracht war. (Unsere Stube hat sich besonders gefreut, dass wir einen aktiven Hauptfeldwebel als Gruppenführer hatten.)
Nach dem Abendessen wurden wir in unseren U-Raum geführt, wo wir Unterricht zum Thema Wehrstrafgesetz und Vorgesetztenverordnung erhielten. Auf die Inhalte möchte ich hier nicht näher eingehen, jedoch gibt der Reibert und andere öffentliche Quellen einen guten Überblick.
Donnerstag, 20. April 2023
Tag 02
Wecken | 5:15 Uhr |
Zapfenstreich | 23:30 Uhr |
Schlaf | 5:15 h (ausreichend) |
Schritte | 11.785 |
Stress | 70% |
Motivation | 7/10 |
Auch der zweite Tag war vom Unterricht geprägt, diesmal mit dem Schwerpunkt „Befehl und Gehorsam“. Außerdem machten wir unsere ersten Schritte – im wahrsten Sinne des Wortes – und begannen mit dem Formaldienst. Die Ausbildung des Formaldienstes sollte in den Tagen bis zum Gelöbnis unser Schwerpunkt werden, denn am Samstag sollte alles gut aussehen.
Es ist gar nicht so einfach, den richtigen Rhythmus zu finden – aber irgendwann ging mir das monotone „links, zwo, drei, vier“ in Fleisch und Blut über und ich sollte die nächsten Tage im Takt essen und träumen.
Wir übten auf der „Platte“ in Baumholder und konnten so manches militärische Großgerät bestaunen. Für viele war es das erste Mal, dass sie Panzer und Haubitzen aus der Nähe sahen. Immer wieder hörten und sahen wir auch die Einschläge, wenn die Geschosse abgefeuert wurden, um kurz darauf zu detonieren.
Freitag, 21. April 2023
Tag 03
Wecken | 5:15 Uhr |
Zapfenstreich | 23:00 Uhr |
Schlaf | 5:50 h (ausreichend) |
Schritte | 16.800 |
Stress | 85% |
Motivation | 8/10 |
Der Freitag stand ganz im Zeichen des Formaldienstes. Wir übten noch einmal intensiv das Marschieren im Gleichschritt, sowie die verschiedenen Kommandos „Kehrt“, „Rechts Schwenk“, „Richt euch“ und so weiter.
Ansonsten habe ich keine konkreten Erinnerungen mehr an diesen Tag und verfluche, dass ich mir keine Notizen gemacht habe. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es der Tag war, an dem wir zum ersten Mal das G36Sturmgewehr aus der Waffenkammer bekommen haben. Es ist unhandlich, obwohl die Schulterstütze klappbar ist, und es gibt verschiedene Arten, es zu tragen. Hat man die Waffe einmal in Empfang genommen, darf man sie nicht mehr aus den Augen lassen. Das gilt natürlich besonders im U-Raum, aber auch in der Kantine. Dein Gewehr begleitet dich auf Schritt und Tritt, egal ob du isst oder auf die Toilette gehst. (Nur in Ausnahmefällen kann man die Waffe einem Kameraden geben, der dann die Verantwortung dafür übernimmt). Das Üben mit der Waffe, auch wenn sie nicht geladen ist, gehört zu den Grundlagen und man sollte sich daran gewöhnen, die Waffe so zu führen, als ob sie geladen wäre.
Samstag, 22. April 2023
Tag 04
Wecken | 5:15 Uhr |
Zapfenstreich | 23:20 Uhr |
Schlaf | 5:50 h (schlecht) |
Schritte | 27.690 |
Stress | 100% |
Motivation | 9/10 |
Der Tag des Gelöbnisses. Für jeden Rekruten ein großer Tag. Ich hatte neben meiner Familie (Frau, Kinder, Eltern) auch zwei Kameraden aus meiner Reservistenkameradschaft und einen Freund, der leider nicht zum Lehrgang zugelassen wurde, eingeladen.
Von allen Seiten wurde mir versichert, dass wir ein gutes Bild abgegeben haben und unser Auftritt mehr als vorzeigbar war. Auf der „Platte“ stand auch eine Panzerhaubitze 2000, vor der der Militärgottesdienst abgehalten wurde.
Wir übten den Ablauf einige Male, bekamen feste Positionen zugewiesen und als es dann endlich soweit war, klappte alles wie am Schnürchen. Wir legten unser Gelöbnis ab und sangen lauthals die Nationalhymne, die von einer Musikkapelle begleitet wurde.
Der bewegendste Moment für mich war jedoch, als wir im Stillgestanden antreten mussten und meine kleinste Tochter sich von meiner Frau losriss und auf mich zustürmte. Ich wusste in dem Moment nicht, ob ich mich bewegen durfte, aber als sie schon an meinem Hosenbein hing, kam das Kommando „Rühren“ und ich durfte meine Tochter mit tränenfeuchten Augen auf den Arm nehmen. Ich versuche meinen Kindern altersgerecht zu erklären, was ich da eigentlich mache und warum – aber ich bin froh, dass sie es noch nicht wirklich verstehen.
Am Vormittag gab es übrigens noch einen „Lebenskundlichen Unterricht“, bei dem man erfahren konnte, warum die anderen Kameraden überhaupt hier sind.
Sonntag, 23. April 2023
Tag 05
Wecken | 5:15 Uhr |
Zapfenstreich | 22:20 Uhr |
Schlaf | 6:00 h (schlecht) |
Schritte | 12.335 |
Stress | 100% |
Motivation | 4/10 |
Heute war mein Tiefpunkt. Meine Motivation war am Boden. Ich war zwar noch weit davon entfernt, das Handtuch zu werfen, aber ich kämpfte gegen den Schweinehund an. Obwohl, und das muss ich ausdrücklich betonen, die Ausbildungseinheiten an diesem Tag sehr interessant und von den motivierten Ausbildern erstklassig vorbereitet waren.
Zum ersten Mal beschäftigten wir uns mit dem G36Sturmgewehr und dem P8Pistole, den beiden Standardwaffen des Soldaten. Die Baugruppen waren den meisten von uns schon bekannt, auch wenn es bei der „Pufferstange“ oder dem „Verschlussfanghebel“ noch Wiederholungsbedarf gab. Neben dem richtigen Tragen, vom Aufnehmen bis zum Übergeben, sollten wir in den nächsten Tagen die Grundlagen lernen.
Das (feldmäßige) Zerlegen und Zusammensetzen der beiden Waffen fiel mir recht leicht, es sind weniger Teile als man denkt. Das absolut Wichtigste im Umgang mit Schusswaffen sind jedoch die vier unumstößlichen Regeln, die es immer zu beachten gilt. Sie wurden uns eingetrichtert und wer dagegen verstieß, wurde zu Recht „weggeföhnt“. – An dieser Stelle sei angemerkt, dass der Ton selten rau oder harsch wurde – nur beim Thema Waffen gab es keine Toleranz, das musste sitzen! Und das ist auch gut so.
Montag, 24. April 2023
Tag 06
Wecken | 5:15 Uhr |
Zapfenstreich | 23:00 Uhr |
Schlaf | 6:50 h (schlecht) |
Schritte | 15.735 |
Stress | 92% |
Motivation | 8/10 |
Der Tag des Grauens, der gar nicht so schlimm werden sollte: Heute wurde unsere Fitness auf die Probe gestellt. Gleich vorweg: Meine Leistungen waren nicht gerade berauschend, dessen bin ich mir bewusst. Erstens bin ich nicht besonders fit, zweitens war ich während des gesamten Moduls gesundheitlich ziemlich angeschlagen.
Wir sind in ein Sportzentrum der Bundeswehr gefahren und haben nach dem Aufwärmen den BFTBasis Fitness Test (Sprint, Klimmhang, Laufen) und einen Schwimm-Test absolviert. Ob das nun BFTBasis Fitness Test oder IGFIndividuelle Grundfertigkeiten war, weiß ich nicht mehr, aber das Sportprogramm hat mir geholfen, den Schweinehund zu überwinden, mit dem ich am Vortag zu kämpfen hatte.
Nach der Mittagsverpflegung war der sportliche Teil vorbei und wir wiederholten die Themen vom Vortag. Ich war wieder hoch motiviert und voll bei der Sache. Es war interessant und ich hatte Spaß und Freude am Lernen.
Dienstag, 25. April 2023
Tag 07
Wecken | 4:45 Uhr |
Zapfenstreich | 23:00 Uhr |
Schlaf | 5:55 h (ausreichend) |
Schritte | 10.745 |
Stress | 80% |
Motivation | 9/10 |
Heute stand der AGSHP, der Schießsimulator, auch „Schießkino“ genannt, auf dem Programm. Das System simuliert nicht nur die Flugbahn der Geschosse, sondern vermittelt auch durch Geräusche und Rückstoß (über Luftdruck) ein möglichst realistisches Bild. Während des Schießens werden sämtliche Parameter des Schützen aufgezeichnet und anschließend ausgewertet. Das hat mir sehr geholfen und ich habe versucht, mir die Tipps, die ich bekommen habe, zu Herzen zu nehmen.
Während eine Gruppe im Simulator war, rotierten die anderen Gruppen von Station zu Station. Neben dem Simulator bekamen wir auch eine praktische Funkausbildung inklusive Verschleierung und Authentisierung, eine kleine Einführung in die Verwundetenversorgung sowie die Grundlagen der ABC-Ausbildung (mit Schutzmaske und Schutzanzug).
Mittwoch, 26. April 2023
Tag 08
Wecken | 5:00 Uhr |
Zapfenstreich | 22:00 Uhr |
Schlaf | 5:00 h (schlecht) |
Schritte | 10.110 |
Stress | 94% |
Motivation | 9/10 |
Der heutige Tag war vom Aufbau her eine Wiederholung des Vortages. Wir waren wieder in Gruppen und beschäftigten uns mit den gleichen Themen, aber das Wissen wurde gefestigt und vertieft.
Beim „Verschlüsseln“ von Informationen über Funk kommt es vor allem darauf an, keine Flüchtigkeitsfehler zu machen und bei der ABC-Ausbildung geht es um Schnelligkeit und Ordnung. Innerhalb kürzester Zeit musste die ABC-Schutzmaske aufgesetzt und wieder abgenommen werden, natürlich ohne sich selbst zu kontaminieren. Die Krönung der ABC-Ausbildung war dann ein kurzer Marsch mit Gepäck in voller Montur. Mein Respekt gilt den ABC-Abwehrbataillonen, die teilweise den ganzen Tag und zu jeder Jahreszeit in dieser Ausrüstung arbeiten müssen.
Donnerstag, 27. April 2023
Tag 09
Wecken | 4:45 Uhr |
Zapfenstreich | 22:40 Uhr |
Schlaf | 6:40 h (schlecht) |
Schritte | 14.525 |
Stress | 90% |
Motivation | 10/10 |
Der erste scharfe Schuss. Heute fuhren wir im Konvoi zur Standortschießanlage und konnten zeigen, was wir zuvor in der Simulation geübt und gelernt hatten. Für die meisten Kameraden ist dieser „Soldatensonntag“ und der erste scharfe Schuss sicherlich ein Highlight, das neben dem Gelöbnis in Erinnerung bleiben wird.
Zuerst ging es für mich zur Station „P8“. Wir wurden mit modernen Schutzwesten ausgestattet und gingen paarweise zur Station. (Es fanden gleichzeitig 4 Rennen statt.) Da ich nicht weiß, wie öffentlich die Übungen sind, werde ich nicht ins Detail gehen. Es zeigte sich aber, dass einige Kameraden Probleme hatten, den Abzug der P8Pistole zu betätigen. (Die Fingerkraft kann man übrigens mit Gummibändern oder diesem Trainer verbessern). Die Aufgabe besteht darin, mehrere Schüsse, gespannt und ungespannt, auf verschiedene Entfernungen abzugeben.
Danach übernahm ich für einige Zeit den Torposten und wurde mit einem Funkgerät ausgestattet. Bei einem ankommenden Oberfeldwebel habe ich den Dienstgrad falsch aufgenommen, aber sonst hat alles geklappt.
Danach ging es weiter zur ersten G36-Station. Ich war selbst von meinem Schießergebnis beeindruckt und freute mich, dass ich alle Durchgänge auf Anhieb bestanden hatte.
An diesem Tag waren auch ein Redakteur der Süddeutschen-Zeitung und der Presseoffizier des LKdoLandeskommando zu Besuch, mit denen ich bereits im Vorfeld Kontakt hatte. Herr K. informierte sich über die Ausbildung und interviewte einige Kameraden über ihre Motivation. Alle sind gespannt auf den Artikel. – Aktualisierung 19.05.2023: zum Artikel
Freitag, 28. April 2023
Tag 10
Wecken | 5:15 Uhr |
Zapfenstreich | 23:50 Uhr |
Schlaf | 6:30 h (ausreichend) |
Schritte | 17.985 |
Stress | 72% |
Motivation | 7/10 |
Hoher Besuch. Heute war Generalleutnant Laubenthal, der stellvertretende Generalinspekteur, zu Besuch, um sich ein Bild von uns und dem Programm zu machen. (Er war auch Ende März 2022 bei „Nachgefragt“ zu Gast.) Im Vorfeld hatte ich ein etwas komisches Gefühl, denn normalerweise werden solche „Vorzeigetermine“ von einer Pressedelegation begleitet. Aber es kam anders als erwartet: Der General war nicht nur interessiert und bodenständig, sondern suchte auch beim gemeinsamen Mittagessen das Gespräch mit den Kameradinnen und Kameraden. (Presse war keine vor Ort.)
Trotz des hohen Besuchs wurden wir, wie auch an den anderen Tagen, gruppenweise durch die Ausbildungsabschnitte geführt. Heute stand die Wachausbildung auf dem Programm, die wir heute praktisch üben konnten. An den einzelnen Stationen „Durchsuchung“, „Patrouille“ und „Torposten“ lernten wir anhand von filmreifen Rollenspielen der Hilfsausbilder die Abläufe und gesetzlichen Grundlagen praxisnah kennen.
Samstag, 29. April 2023
Tag 11
Wecken | 5:15 Uhr |
Zapfenstreich | – (22:30 Uhr) |
Schlaf | 5:30 h (ausreichend) |
Schritte | 12.755 |
Stress | 70% |
Motivation | 8/10 |
Die Abreise stand kurz bevor und in Gedanken war der eine oder andere schon auf dem Weg nach Hause. Da gab es keinen Zweifel mehr: Wir hatten das erste Modul geschafft! (Bis auf einen Ausfall aus familiären Gründen konnten alle Kameraden bis zum Ende des Moduls teilnehmen).
Am Vormittag schrieben wir einen kleinen Test, der uns die erfolgreiche Teilnahme an der Wachausbildung bescheinigen sollte. Nachdem die obligatorische Prüfungsangst überwunden war, stellte sich schnell heraus, dass sich niemand Sorgen machen musste. Wir hatten gelernt, was wir wissen mussten.
Anschließend wurde uns der Flaggenappell demonstriert und wir lernten eindrucksvoll die Bedeutung unserer Flagge kennen. Für den Ausbilder an dieser Station hatte die Fahne eine tiefe Bedeutung und er konnte uns vermitteln, warum es wichtig ist, dass die Fahne nie den Boden berührt und warum sie ein wichtiges und unbeflecktes Symbol ist.
Nach dem Mittagessen räumten wir unsere Stuben auf und verstauten das Gepäck in den Privatfahrzeugen. Alle waren glücklich und auch ein bisschen stolz, es geschafft zu haben. Als ich abends zu Hause ankam, wurde ich von meiner überglücklichen Familie in Empfang genommen.
Modul 2
Samstag, 8. Juli 2023
Tag 01
Antreten | bis 12:00 Uhr |
Zapfenstreich | 23:00 Uhr |
Schlaf | 7:13 h (ausreichend) |
Schritte | 12.361 |
Stress | 72% |
Motivation | 9/10 |
Endlich war es soweit! Das zweite und letzte Modul unserer Ausbildung zum Reservisten lag vor uns und beginnen sollte die Ausbildung dieses Mal nicht in Baumholder sondern in der Kurmainz-Kaserne (Mainz, RP). Mit gemischten Gefühlen blickte ich auf das was in den kommenden Tagen vor uns liegen würde. Groß war die Freude die alten Kameraden wieder zu treffen, doch hatte ich auch Respekt vor dem Unbekannten, dem was uns in diesem Teil erwarten würde: viel Schießen (NeuSAK), taktische Verwundetenversorgung (EH-A) und das abschließende BiwakFeldlager.
Bis zur Mittagszeit sollten wir angereist sein… doch gilt die altbekannte Soldatenweisheit: „Fünf Minuten vor der Zeit ist des Soldaten Pünktlichkeit!“ …und so war ich um einiges früher da – und trotzdem ging es direkt los! Nach einer kurzen Begrüßung bezogen wir unsere Stuben, welche sich dieses Mal in einer Unterkunft des Mainzer Karrierecenters befanden. (Auf den anderen Stockwerken waren auch Bewerber untergebracht, welchen wir gelegentlich über den Weg liefen, daher galt eine strikte Nachtruhe.)
Nachdem wir unsere Betten bezogen und die viel zu kleinen „Bewerberschränke“ mit unserer umfangreichen Ausrüstung beladen hatten marschierten wir zum „Kinosaal“, einem etwas größeren Nebengebäude das mit Tischen und Stühlen in einen Schulungsraum verwandelt worden war. Wir erfuhren, dass uns unsere Ausbilder in den nächsten Tagen (größtenteils) nicht begleiten würden. Das war für uns alle recht bitter, denn waren es doch die Ausbilder die maßgeblich dafür verantwortlich waren, dass das erste Modul bei allen so gut angekommen war. Stattdessen lernten wir nun zwei neue Schießausbilder kennen: Koryphäen, auf ihrem Gebiet, wie sich später zeigen sollte. Nach der Vorstellung folgte eine Theorie-Einführung in die Schießlehre und ein kleiner Ausblick darauf was uns im ersten Drittel des zweiten Modules erwarten würde.
Sonntag, 9. Juli 2023
Tag 02
Wecken | 5:30 Uhr |
Zapfenstreich | 23:30 Uhr |
Schlaf | 5:34 h (schlecht) |
Schritte | 12.292 |
Stress | 75% |
Motivation | 7/10 |
Der Ausbildungsleiter der Schießausbildung hatte das Kommando über uns übernommen und dies machte sich unter anderem durch folgende Neuerungen für uns bemerkbar: wir wurden nicht geweckt, durften uns morgens selbständig zum „Verpflegen“ bewegen – wurden also nicht geführt, wie für Rekruten sonst üblich – und es wurde ein „Hörsaaldienst“ ernannt.
Der „Hörsaaldienst“ war in unserem Fall täglich ein neuer Kamerad, er war dafür verantwortlich, dass der Ausbildungszug zu den geforderten Zeiten ordentlich antrat und er führte uns auch zu den unterschiedlichen Ausbildungs-, Verpflegungs- bzw. Unterkunftsgebäuden. Am ersten Tag wurde der Hörsaaldienst vom Ausbildungsleiter bestimmt, an den folgenden Tagen meldeten sich dann Kameradinnen und Kameraden freiwillig. Es gab immer exakt einen Freiwilligen, der diese lehrreiche Erfahrung machen wollte.
Als wir nach dem Frühstück zur Mehrzweckhalle verlegt hatten empfingen uns hier bereits die Schießausbilder. Wir wurden alsbald mit Schutzwesten, Holstern, Magazintaschen, Pistolen und Gewehren ausgestattet. Wir schätzten das Gewicht der Schutzwesten auf etwa 10 Kilogramm – doch bei der sengenden Hitze, die Außentemperatur betrug 38°C und unter dem Wellblechdach war es nur unmerklich kühler, fühlte sie sich bald um ein Vielfaches schwerer an.
In Trockenübungen gingen wir die verschiedenen Anschlagsarten und Techniken durch. Und noch heute höre ich die Stimme unseres motivierten Schießausbilders durch den Kopf hallen: „Koooontaktstelluuung!“ – Auf die Details der Schießausbildung möchte ich nicht eingehen, da ich nicht weiß was davon als „nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft ist. Grundsätzlich kann ich jedoch sagen, dass wir nach dem neuen Schießausbildungskonzept (NeuSAK bzw. NSAK) ausgebildet wurden, also einer Ausbildung die den Kampf im Nahbereich (unter ~20 Metern) lehren soll.
Montag, 10. Juli 2023
Tag 03
Wecken | 5:47 Uhr |
Zapfenstreich | 22:25 Uhr |
Schlaf | 6:10 h (ausreichend) |
Schritte | 12.650 |
Stress | 70% |
Motivation | 7/10 |
Ausbildungseinheiten der Bundeswehr basieren meist auf dem VENÜ-Konzept (Vormachen, Erklären, Nachmachen, Üben). Ein einfaches und doch effektives Prinzip, welches allen Teilnehmern ermöglichen soll das Ausbildungsziel zu erreichen. Und so stand auch Tag Zwo unserer theoretischen Schießausbildung in der Wellblech-Mehrzweckhalle unter diesem Motto. Glücklicherweise bedachten uns die Ausbilder mit regelmäßigen Trinkpausen, sodass wir trotz voller Montur (Kampfanzug, Handschuhe, Helm etc.) und immer schwerer werdender Schutzweste durchhalten konnten.
Dienstag, 11. Juli 2023
Tag 04
Wecken | 5:48 Uhr |
Zapfenstreich | 23:05 Uhr |
Schlaf | 7:06 h (ausreichend) |
Schritte | 17.793 |
Stress | 72% |
Motivation | 6/10 |
Morgen würden wir das Gelernte auf der Schießbahn umsetzen müssen und wir waren froh, dass wir an diesem Tag etwas früher in die Nachbereitung gehen durften, denn das viele Stehen, Üben, Stehen, Üben… in der Halle hat gewaltig geschlaucht.
Mittwoch, 12. Juli 2023
Tag 05
Wecken | 5:50 Uhr |
Zapfenstreich | 22:40 Uhr |
Schlaf | 6:41 h (ausreichend) |
Schritte | 16.248 |
Stress | 72% |
Motivation | 5/10 |
Eigentlich hatte ich mich sehr auf die Schießbahn gefreut. Gelten doch diese Tage als „Soldatensonntag“. Doch es kam anders als erwartet: während ich mit dem G36Sturmgewehr alle Übungen erfüllte, drohte mir bei der P8Pistole mein persönliches Waterloo. (Und nein, es lag nicht am Abzugsfinger.) Im ersten Modul war es die reinste Freude für mich mit der P8Pistole zu schießen und die Kugeln wurden vom Schwarz der Scheibe gerade zu magnetisch angezogen – nun hatte ich die größten Probleme. Schnell tat mir mein Ausbilder leid der trotz hoher Motivation irgendwann mit seinem Latein am Ende war. Ich baute ständig neue Schießfehler ein und verriss insbesondere nach unten… Ursache erkannt, korrigiert… nächster Fehler. Ich bekam den Kopf bis zuletzt nicht frei und war heilfroh (Spoiler), dass es mir am dritten Tag dann doch noch gelang die Übung zu absolvieren. Zwar war ich nicht der Einzige der seine Probleme hatte – dennoch war ich irgendwann gefrustet.
Auch wenn man nach den zahlreichen erfolglosen Versuchen den Eindruck haben konnte, dass man ein kompletter Versager sei, so will ich gesagt haben, dass das Schießergebnis immer von mehreren Faktoren abhängt: beispielsweise der persönlichen Tagesform und natürlich von der allgemeinen Fitness. Trotz der vielen guten Ratschläge war ich irgendwann einfach „durch“… Und jeder Misserfolg führte zu einem noch kramfhafteren Scheitern. – Ich werde einfach bei Gelegenheit, z.B. im Rahmen einer DVAGDienstliche Veranstaltung, einen neuen Anlauf nehmen und den Umgang mit der Pistole trainieren.
Donnerstag, 13. Juli 2023
Tag 06
Wecken | 5:49 Uhr |
Zapfenstreich | 23:01 Uhr |
Schlaf | 6:55 h (ausreichend) |
Schritte | 15.487 |
Stress | 70% |
Motivation | 6/10 |
Am Rande sei erwähnt, auch wenn es eine Selbstverständlichkeit sein muss, dass alle Kameraden absolut sicher im Umgang mit den Waffen waren. Es gab, soweit ich weiß, keinerlei Sicherheitsverstöße auf der Schießbahn und jeder beachtete die vier Sicherheitsregeln, welche uns auch beim ersten Modul „eingebläut“ wurden. Es war sehr beruhigend dass niemals eine Mündung – ganz gleich ob geladen oder ungeladen („Eine Waffe ist stets als geladen zu betrachten!“) – in die falsche Richtung zeigte.
Zwischen den einzelnen Rennen, so nennt man die „Teilnehmergruppen“ auf der Schießbahn erhielten wir von einem der Ausbilder (welcher übrigens auch mein Gruppenführer im ersten Modul war) die ersten Einblicke in die Themen „Alarmposten“, „Überqueren /-springen von Wegen“ etc. In der Mittagspause kam dann die Mutter der Kompanie, unser Spieß, und versorgte uns mit Essen, frischen Getränken und energiereichem Süßkram. Dann ging es wieder weiter zur nächsten Schießübung.
Der komplette Ausbildungszug war am Ende der Schießtage (und der vorherigen „Trockenübungstage“) so erschöpft, dass wir auf der kurzen Busfahrt zur Kaserne alle eingeschlafen sind. – Morgen nochmal, dann ist es geschafft, sagten wir uns.
Freitag, 14. Juli 2023
Tag 07
Wecken | 5:48 Uhr |
Zapfenstreich | 22:33 Uhr |
Schlaf | 6:47 h (ausreichend) |
Schritte | 15.936 |
Stress | 60% |
Motivation | 6/10 |
Noch mehr Schießausbildung: Letzter Tag des NeuSAK-Ausbildungsblocks. Ich werde nun nicht mehr viele Worte zur Schießausbildung verlieren, denn die Tage glichen sich…
Daher möchte ich nun auf ein ganz anderes Thema eingehen: während man bei der Bundeswehr ist, dreht sich die Welt draußen ohne einen weiter. Das war ein neues und seltsames Gefühl für mich. Während meiner kurzen Ausbildung habe ich meinen Hochzeitstag und den Geburtstag meiner mittleren Tochter verpasst. Außerdem war ich was die Nachrichten, sowohl die weltweiten als auch die im Kollegen-, Freundes- oder Familienkreis, betrifft nicht mehr up-to-date. Man fühlt sich wie in einer Zeitblase gefangen. Sonderbar, ist man doch sonst gut informiert und Teil seines Lebens „da draußen“. Auch wenn ich abends zu Hause angerufen habe oder zum Einschlafen einen News-Podcast angehört habe – ich war in einer anderen Welt… Kennt ihr das?
Biwak
Da gefühlt kaum einer weiß was der Name überhaupt bedeutet und ich auch schon so manche seltsame oder lustige Erklärung gehört habe hier die richtige Definition bzw. Ethymologie: BiwakFeldlager (von französisch bivouac ‚Feldlager‘, ‚Nachtlager‘) bezeichnet ein Lager im Freien, aber auch in Zelten oder Hütten, vor allem für Soldaten oder Bergsteiger. (Quelle: Wikipedia) Und heute sollte es losgehen: unser BiwakFeldlager. Ein weiterer Höhepunkt in der Grundausbildung eines jeden Soldaten! Vielleicht, neben dem Gelöbnis, das prägendste Erlebnis.
Wir verlegten zunächst von Mainz nach Baumholder – zum Truppenübungsplatz. Wir nutzten erneut die Fahrt im Bus zum Schlafen und erreichten bei schönstem Jäger-Wetter (Regen ist bekanntlich flüssiger Sonnenschein) unseren Ausgangspunkt. Ich will gar nicht zu viele Details verraten, denn ich will ja auch niemandem seiner eigenen Erfahrung berauben – quasi spoilern – daher will ich nur ein paar Stichpunkte (siehe Liste unten) festhalten. – Zu unser aller Freude waren nun wieder alle Gruppenführer aus dem ersten Modul unsere direkten Ausbilder.
- Als es in Strömen goss und wir nachts in die Stellung glitten und komplett eingematscht waren.
- Als ich nachts auf Patrouille jemanden im Busch sah und es nur ein Glühwürmchen war.
- Als wir an diesem Berg mit 70%-Steigung „abkotzten“ und Feuer von der Seite bekamen.
- Als wir den Verwundeten transportierten und ständig wechseln mussten.
- Als wir den Waldkampf übten und uns wie Helden fühlten.
- Als uns Geräusche und Lichter bei Nacht präsentiert wurden.
- Als wir Stellungen gruben und die Steine und Wurzeln so zäh waren wie wir.
- Als wir im Alarmposten lagen und LANGEMARK auswendig lernten.
- Als das Essen besser schmeckte als in einem renommierten Restaurant.
- Als die Nerven blank lagen und wir uns gegenseitig angezickt haben.
- Als wir mit Leuchttrassierband unser Revier markierten.
- Als man uns sagte „kein Feuerstoß“ und es irgendwer falsch verstand.
- Als wir alle gleich waren und Kameraden waren.
Dienstag, 18. Juli 2023
Tag 11
Wecken | 5:50 Uhr |
Zapfenstreich | 23:00 Uhr |
Schlaf | — (schlecht) |
Schritte | 10.224 |
Stress | 60% |
Motivation | 8/10 |
Nächster Ausbildungsblock: Ersthelfer Alpha (EH-A), auch betitelt als „taktische Verwundetenversorgung“. Ein spannendes und wichtiges Thema auf welches ich mich ebenfalls sehr gefreut habe.
Die Ausbildung übernahm nun ein SAN-Team aus Cochem und sollte sowohl aus theoretischen, als auch aus praktischen Elementen bestehen. Gerade der Theorieunterricht war aufgrund der Vortage sehr anstrengend – und wir mussten trotz des spannenden Unterrichts mit der Erschöpfung kämpfen.
Worum geht es beim Ersthelfer Alpha? Der Ersthelfer ist, wie sein Name verrät direkt vor Ort. Jeder Soldat in der Bundeswehr – und der Reserve – muss in der Lage sein sich selbst und Kameraden zu helfen. Insbesondere in den ersten Phasen der „Tactical Combat Casualty Care“ (TCCC), können die EH-Alphas durch schnelles Reagieren („Platinium Minutes“) Leben retten. Noch in der ersten Phase („Care under fire“) wird das Feuergefecht fortgeführt und kritische Blutungen gestillt. Dies erfolgt in der Regel durch einen so genannten Tourniquet (französisch, „tur·nii·kee“ und nicht „Törneki“), mit welchem Extremitäten abgebunden werden können.
Worum es beim TCCC bzw. dem EH-A geht ist kein Geheimnis und doch gibt es so manchen Unterschied zum zivilen Erste-Hilfe-Kurs. Wen das Thema interessiert wird unter den folgenden Schlagworten im Netz schnell fündig werden: TCCC, Care under fire, Tactical field care, MARCH, Tourniquet usw. – Übrigens unterliegt die gesamte EH-A-Ausbildung einem NATO-Standard, da wir im Ernstfall auch für unsere Partner da sein möchten – und sie für uns.
Mittwoch, 19. Juli 2023
Tag 12
Wecken | 6:18 Uhr |
Zapfenstreich | 22:55 Uhr |
Schlaf | 5:52 h (ausreichend) |
Schritte | 10.248 |
Stress | 65% |
Motivation | 9/10 |
Auch am zweiten Tag der Ersthelfer-Alpha-Ausbildung stand die taktischen Verwundetenversorgung im Zentrum. Nicht nur die klassischen Maßnahmen (z.B. die der Wiederbelebung) wurden besprochen sondern auch verschiedene Verletzungen z.B. Verbrennungen, Erfrierungen, Stromschlag (u.v.m.) wurden erläutert.
Außerdem gab es auch immer wieder praktische Übungen, wie z.B. das „Ausstopfen“ einer (Silikon-) Schusswunde mit Gauze bzw. dem Anlegen eines Druckverbandes („israeli bandage“) oder das Abkleben („chest seal“) wurde gezeigt bzw. geübt. (Ich würde an dieser Stelle gerne auf Amazon verweisen, damit man sich die Produkte dort ansehen kann, allerdings ist der Marktplatz komplett leergekauft. Solltest du mal einen EH-A-Kurs belegen so werden dir die Produkte vor Ort gezeigt und du darfst auch damit üben.)
An dieser Stelle möchte ich meinen Kameraden Lutz grüßen, der bis vor Kurzem für die UN als TCCC-Ausbilder tätig war und nun wieder aus Argentinien zurückgekehrt ist. Ich habe versucht alle Hebel in Bewegung zu setzen, damit er irgendwie bei der Bundeswehr Fuß fassen kann, aber offenbar schlägt die Bürokratie auch hier erbarmungslos zu… Für meine Unterstützung hat er sich dennoch mit einem Coin bei mir bedankt, den ich in Ehren halte:
Donnerstag, 20. Juli 2023
Tag 13
Wecken | 6:31 Uhr |
Zapfenstreich | — |
Schlaf | 7:08 h (ausreichend) |
Schritte | 10.464 |
Stress | 60% |
Motivation | 10/10 |
Der letzte SAN-Ausbildungstag. Heute stand ein schriftlicher Test an. Wir hatten das MARCH-Schema hoch und runter gepaukt – und es kam gar nicht dran. Stattdessen waren da Fragen zu den Schockarten, welche ich mir mit dem Merkwort „HANKS“ gemerkt habe. Irgendwie hat es für alle gereicht. Viel spannender war dann jedoch eine SAN-Lage, welche ich im Folgenden beschreiben möchte.
Unser Ausbildungszug wurde in drei Gruppen eingeteilt: Verwundete, Transportierende und Versorgende. Im Übungsszenario gab es eine Explosion (mit Feind war nicht zu rechnen, es könnte also auch eine zivile Lage sein, daher denke ich, dass ich sie schildern darf). Verwundete lagen mit verschiedenen Verletzungen hinter dem Ausbildungsgebäude. Gliedmaßen waren abgetrennt, Organe hingen aus dem Unterleib, manche waren Bewusstlos oder geistig verwirrt… – Es herrschte schlichtweg Chaos. Silikon-Abformungen /-Verletzungen (so genannte „Moulagen“) und die Schreie der Verwundeten sorgten für ein (ansatzweise) plastisches Bild. Während die Verletzten jammerten und ächzten oder noch schlimmer „stumm im Gebüsch lagen“ eilten die Transporteure herbei und brachten sie mit gelernten Transporttragegriffen (z.B. Gams- oder Rautek-Griff), Behelfstragen, usw. zu einem Verwundetensammelnest. Dies geschah unter dem Geschrei der Ausbilder, welche zusätzlichen Stress hervorrufen wollten. Im Verwundetensammelnest wurden die Patienten dann in drei Gruppen unterteilt, abhängig von der schwere ihrer Verletzung (Alpha – sofort, Bravo – mittelfristig, Charlie – langfristig). Gemäß TCCC-Standard endete das Szenario dann mit der „Tactical Evacuation Care“ (TACEVAC), also dem Abtransport in ein Krankenhaus (Role 1).
Nachdem alle Verwundeten versorgt waren rotierten die Gruppen – bis jeder alle Rollen einmal übernommen hatte. Jede Aufgabe hatte ihre Herausforderungen und es war spannend zu sehen und zu merken was im Stress so passiert… – und das war nur eine „Kindergeburtstagssimulation“ – im Krisenfall wird es um einige Stufen härter… Wir haben viel gelernt!
Abends fand unser Kameradschaftsabend statt. Wir bedankten uns bei unseren Ausbildern!
Freitag, 21. Juli 2023
Tag 14
Wecken | 6:15 Uhr |
Zapfenstreich | — |
Schlaf | 5:36 h (schlecht) |
Schritte | 10.860 |
Stress | 60% |
Motivation | 8/10 |
Am letzten Tag stand noch ein umfangreiches Waffenreinigen an… Es kann schon ein paar Stunden dauern bis ein mit Übungsmunitionsrückständen zugesetztes G36Sturmgewehr mal richtig sauber ist… Der Waffenmeister „liebt seine Waffen“… wir waren eine Weile beschäftigt. Anschließend folgten dann noch einige Ansprachen und ein Gruppenbild. Von einst 37 Kameraden haben 24 die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Warum? Den Gründen werde ich bei Gelegenheit in einem separaten Blogeintrag auf den Grund gehen – die meisten der Unglücklichen werden es jedoch nächstes Jahr erneut versuchen.
Bei leichtem Nieselregel wurden uns schließlich unsere grünen Litzen verliehen. Dienstschluss!
Wohlwissend, dass wir manche Kameraden womöglich nie wieder sehen werden, fiel uns der Abschied besonders schwer. Einige werden sich im September auf dem Truppenübungsplatz (im Rahmen der Heimatschutzkompanie) wiedersehen… – Horrido!
Erläuterung
Alle Werte Stammen von meiner Smartwatch (Garmin Instinct 2 Solar Tactical) bzw. meiner persönlichen Einschätzung („Motivation“). Natürlich sind alle Angaben ohne Gewähr und auch nicht repräsentativ – ich habe sie zur Illustration angegeben, damit man sich ein Bild davon machen kann.
Wecken | Die Uhrzeit basiert auf meinem Gedächtnis und dem Protokoll meiner Smartwatch. |
Zapfenstreich | Zapfenstreich bedeutet „Licht aus“. Meist habe ich vor, manchmal erst nach dem Zapfenstreich geschlafen. |
Schlaf | Dauer basierend auf den Angaben meiner Smartwatch. Der in Klammern angegebene Wert meiner Schlafqualität wurde ebenfalls durch die Uhr berechnet. |
Schritte | Meine alltägliche Schritteanzahl liegt an Werktagen in der Regel zwischen 2000 und 5000. |
Stress | Mein alltägliches Stresslevel ist etwa halb so hoch, wie während des Modules. |
Motivation | Persönliche Einschätzung, basierend auf meinem Befinden bzw. meinem Gemütszustand an diesem Tag. |
Mein persönliches Fazit
Ich würde es wieder tun! Ganz klar. – Ich hatte zwar den ein oder anderen schlechten Tag, aber ich bin stärker und motivierter daraus hervorgegangen. Es war so, wie unsere Ausbilder es prophezeit hatten: Wenn man den Schweinehund überwunden hat, dann hat man neue Kraft.
Ansonsten musste ich feststellen, dass ich nicht in allen Bereichen ein Überflieger bin. Aber es hat mich auch getröstet, dass ich mit Leuten zu tun hatte, die im zivilen Leben verantwortungsvolle Aufgaben oder hohe Positionen begleiten und sich genauso doof angestellt haben wie ich. Es ist eben eine andere Welt. Das Niveau ist so gewählt, dass es für alle machbar ist. Wir waren alle sehr motiviert und ich bin mir sicher, dass unsere Ausbilder das sehr geschätzt haben.
Wir hatten großes Glück mit unseren Ausbildern und ich bin froh, dass sie auch für das zweite Modul wieder zur Verfügung standen. Sie sind nicht nur engagiert und motiviert, sondern verstehen es auch, Wissen zu vermitteln. Sie wissen, wann Zuckerbrot und wann Peitsche angesagt ist, und es gab keine Schikane oder ungerechtfertigtes Gebrüll.
War die Kameradschaft in den ersten Tagen noch etwas verhalten, so wuchs die Gruppe immer mehr zusammen und war für sich da. Natürlich kann man diese Kameradschaft nicht mit der einer Kampfgruppe vergleichen, die gemeinsam durch dick und dünn gegangen ist, aber wir waren füreinander da und wir waren alle gleich.
Tipps
Ein paar Tipps, die ich dir, geschätztem Leser, mit auf den Weg geben möchte, wenn auch deine Ausbildung ansteht:
- Waffen
Die Waffe ist immer als geladen zu betrachten. Mach keine nervösen Bewegungen damit und halte und führe sie so, wie du es lernst. Die Fehlertoleranz beim Thema Schusswaffen ist „null“! Lasse deine Waffe niemals aus den Augen! - Ordnung
Manche Gruppenführer haben viel Wert auf das Erscheinungsbild der Stube gelegt, andere weniger. Was jedoch für alle wichtig ist: Hände aus der Tasche, Schnürsenkel im Stiefel verstauen, alle Taschen oder Knöpfe müssen verschlossen sein. - Denken
Brauchst du nicht, macht die Bundeswehr für dich. Man sollte nie in die Verlegenheit kommen und auf eine Nachfrage des Ausbilders warum man etwas so oder so gemacht hat zu antworten: „ich habe gedacht, dass…“ – das endet nie gut. Mache es so, wie es angesagt wurde, und wenn später jemand sagt, dass es anders sein soll, dann machst du es eben wieder anders. Ohne wenn und aber. - Lageänderung
„Nichts ist beständiger als die Lageänderung“. Gewöhne dich daran, dass sich die Lage öfter mal ändern kann und hinterfrage es nicht. Es macht keinen Sinn dies zu ergründen, mach es und wage es nicht es zu hinterfragen. - Kameradschaft
„Kameradschaft“ wird bei der Bundeswehr großgeschrieben, was das genau bedeutet wird dir vermutlich erst nach ein paar Tagen klar werden. Lasse dich auf deine Kameraden ein, sei für sie da und gemeinsam werdet ihr die Herausforderungen meistern die euch erwarten. - Kein Vormucken
Wie bereits oben erwähnt bekommt man alles gesagt, was man zu tun hat. Das pädagogische Konzept ist, dass etwas vor, dann gemeinsam und zum Schluss alleine gemacht wird. Wer vormuckt, also bereits etwas macht, ohne dass es angesagt wurde bekommt einen Rüffel – ganz gleich ob beim Waffen zerlegen oder beim „Augen gerade aus!“. - Sorglos
Mache dir keine Gedanken was dich erwarten wird. Du wirst das schaffen! (Ich hab es auch geschafft.) Beachte einfach die oben genannten Punkte und dann wirst auch dir der Einstieg leicht fallen.
Echt super Beitrag.
Das weckt Interesse, da ich auch immer zur Bundeswehr wollte.
Kannst mir sagen wie das bei dem schwimmen so ablief? Ich kann schon schwimmen aber nicht so gut.
Moin. Ich weiß tatsächlich nicht mehr auswendig was zu leisten war, aber ich bin eigentlich eine ziemliche „Wasserratte“ und es war herausfordernd… Ich glaub es wäre das nächste Mal gut, wenn ich mir nochmal die Techniken sauber erklären lasse, da man einige Bahnen auf Zeit zurücklegen muss. – Aber Schwimmen ist auch nicht obligatorisch. Bei uns war es eben ein Teil des Programms. Kann vorkommen – muss aber nicht.
Guten Morgen Kamerad,
zuerst mal ein Lob für deine Website. Sehr interessant und aufschlussreich. Hätte ich die doch nur vorher gesehen. Icb bin mittlerweile beordert und habe auch letztes Jahr den gleichen Werdegang beim Landeskommando Saar durchlaufen. Da ich auch noch Neuling bin und ich mir hier und da mehr Infos wünschen würde, habe ich diesmal selbst etwas erstellt. Bei uns in der Gruppe der Jäger kam bei jeder neuen Übung immer die Frage auf: DVag? ResDL, was ist der Unterschied? Wie melde ich mich korrekt an etc. Hierfür habe ich einen kleinen Flyer erstellt, der jetzt sogar in unserer Kompanie geteilt wurde und an alle Neulinge ging. Gerne stelle ich diesen auch dir bereit, um ihn hier zu teilen, sollte er einen Mehrwert liefern. Einfach bei mir melden.
Kameradschaftliche Grüeß
Jäger Spöcker
Moin Kamerad, habe dir eine Mail geschrieben. 🦊
Hallo, ich war im Juni zur Musterung in Hannover und bin „diensttauglich“ für die Ausbildung zur Reserve als Ungediente. Mich würde interessieren, warum sooo viele die Ausbildung nicht beendet/bestanden haben. Den Anteil finde ich doch enorm. Die Webseite ist super, vielen herzlichen Dank dafür!
Hallo Jasmin, ja diese Frage treibt mich ebenfalls um und ich habe auch vor diesem Thema auf den Grund zu gehen. Soweit es mir von Kameraden bekannt ist sind es insbesondere familiäre, gesundheitliche oder berufliche Gründe. Im Prinzip reicht eine Kleinigkeit und man kann an einem der Module nicht teilnehmen. Ärgerlich ist das insbesondere dann, wenn man im Folgejahr wieder von vorne beginnen muss… (Das kann passieren, je nachdem wie die Ausbildungsblöcke aufgebaut sind.) Mir gegenüber hat kein Kamerad geäußert, dass es an der Ausbildung oder der Bundeswehr liegt – sondern es waren immer private Gründe / Probleme. Das mag vielleicht beim ein oder anderen auch vorgeschoben sein, will ich aber Niemandem unterstellen. Wer merkt, dass das Ganze nichts für ihn ist kann auch einfach die Reißleine ziehen, dafür muss man sich nicht schämen.
PS: Herzlichen Glückwunsch zur bestandenen Musterung und viel Erfolg bei deiner Ausbildung!
Lieben Dank für Deine schnelle Rückmeldung. Ja, ich denke, dass manchen nicht bewusst ist, was da überhaupt auf einen zukommt und erwartet wird. Es ist vollkommen legitim, dann abzubrechen, wenn man sich dem nicht gewachsen fühlt. Ich bin nur überrascht, dass es doch so viele sind. An den Modulen kann es natürlich auch liegen, gewisse Ausbildungsinhalte sind ja nunmal Pflicht. Ich bin gespannt, wie ich das Ganze meister. Natürlich freue ich mich, habe aber auch Respekt. Das Ganze ist ja schließlich kein Spiel. Finde es auch gut und richtig, andere zu informieren. Ich habe auch nur durch Zufall erfahren, dass es solch eine Ausbildung für Ungediente überhaupt gibt. Ich bin 46 Jahre, hatte mich zusammen mit meinem Sohn beworben. Er hat die Musterung leider nicht bestanden. Dir weiterhin viel Spaß bei etwaigen Übungen, und danke nochmal für die vielen informativen Beiträge!
Vielen Dank für deine netten Worte. Es motiviert mich, wenn ich sehe, dass mein Blog hilft! – Ich habe eine kleine Umfrage erstellt und werde sie in den nächsten Tagen kommunizieren. Ich hoffe, dass ich so dahinter komme woran es gelegen hat. Das Alter für sich ist jedenfalls kein Problem: Wir hatten Kameraden in unserem Jahrgang zwischen 22 und 62 Jahren. Dennoch ist etwas Vorbereitung sinnvoll. Ich muss auch noch viel tun, obwohl ich es geschafft habe 😉
Ja, das glaube ich wohl. Mein Mann ist bei der Bundeswehr, ich bekomme vieles ganz gut mit. Ich selbst bin Fitnesstrainerin, eine gewisse Grundfitness ist da. Ich trainiere viel, und trotzdem ist mir bewusst, dass ich an meine Grenzen kommen werde. Das ist ja auch gut so. Bin gespannt auf meine künftigen Kameraden. Wird auf jeden Fall eine besondere Erfahrung 🙂
Hallo,
ich möchte mich euch gerne über Discord anschließen um in Kontakt zu bleiben, da ich aktuell auf meinen Brief für die Beorderung warte.
Leider bekomme ich immer die Meldung, dass der Link abgelaufen ist. Könntet ihr den aktualisieren bitte?
(Oder mich mit einladen: Thomas.S)
Danke 🙂
Hallo Thomas,
wenn du kurz vor der Beorderung stehst, dann hast du es ja schon fast geschafft! 🎉 Ich habe den Discord-Link geprüft, konnte aber keinen Fehler in der Weiterleitung feststellen. Ich melde mich bei dir per E-Mail, dann können wir schauen woran es liegt. – Bald erscheint übrigens auch der Erfahrungsbericht zum zwoten Modul, also bleib neugierig.
MkG Daniel 🦊
Woran erkennt man einen Rekruten??
1. An dem neuen Haarschnitt
2. An seinem verwunderten Gesichtsausdruck über die neue Umgebung!
Nichts neues. Aber immer wieder interessant zu lesen wie ein Neuer die ersten Tage warnimmt. Selbst war ich als Ausbilder in einer AK in den 80ern eingesetzt und bin ich mit meinen Rekruten (W15er)immer fordernd umgegangen. Die machten das nicht freiwillig mit und doch hatten viele rückblickend die ersten 3 Monate Grundi im Vergleich zu den folgenden 12 Monaten als positiv in Erinnerung.
Eine weitere Ergänzung: Es gibt kein Wetter in Baumholder! Es gibt nur Jahreszeiten – und eine Jahreszeit dauert ein paar Stunden. Wir hatten Tage an denen hat es geschneit, geregnet und anschließend hat uns die Sonne verbrannt. Absolut verrückt! Selig ist, wer von der Kleiderkammer vollständig ausgestattet wurde 😉
Man muss sagen, dass das Programm lockerer klingt, als es war: Es war sozusagen eine Druckbetankung von morgens bis abends – nur auf die Inhalte möchte ich jetzt nicht im Detail eingehen. Der körperliche Teil war zum Glück nicht ganz so umfangreich, auch wenn wir immer in Bewegung waren – das lag daran, dass es so viel zu lernen gab und man den Sport auch zwischen den Modulen machen konnte. Der normale Tag begann sehr früh und endete sehr spät – Leerlauf gab es selten.
Da ich nach der Verpflegung gefragt wurde, möchte ich noch zwei, drei Worte dazu verlieren. Unser Spieß sorgte für unser leibliches Wohl. Teilweise hatten wir die Möglichkeit, uns in der Truppenküche zu verpflegen, aber nicht selten gab es auch etwas vom Grill. Manchmal wurde auch auf fertige Baguettes (man kennt sie von der Tankstelle) zurückgegriffen, die wir dann auf dem Schwenker gegrillt haben, um sie genießbar zu machen. (Für mich ist die Nahrungsaufnahme in der Regel schlichtweg eine Notwendigkeit, Gaumenfreuden weiß ich aber zu genießen.)